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Gemeinderatsentscheid vors Volk

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Gemeinderatsentscheid vors Volk

Beschreibung:

Das vom Gemeinderat der Stadt Solothurn beschlossene Parkraumkonzept P-23 sieht vor, sämtliche noch unbewirtschafteten Parkplätze in den Quartieren in blaue Zonen mit Anwohnerprivilegierung umzuwandeln. Das Parkieren wird auf 1 bis 1,5 Stunden beschränkt. Auch sämtliche öffentlichen Parkplätze bei Freizeit- und Sportanlagen sollen gebührenpflichtig werden und die Parkdauer wird beschränkt. Das neue Parkraumkonzept ist eine ideologisch motivierte Zwängerei, die nicht dem Willen der Mehrheit der Stimmberechtigten der Stadt Solothurn entspricht!

Vorgeschlagene Lösung:

Eine Massnahme, die derart stark in den Alltag der Menschen eingreift, gehört meiner Meinung nach zwingend vors Volk. Ich beantrage daher, die Umsetzung des Parkraumkonzepts P-23 so lange zu sistieren, bis ein gültiger Volksentscheid vorliegt. Alles andere ist undemokratisch!

Offizielle Antwort:

Solothurn, 27. Oktober 2025

Gemeinderatsentscheid vors Volk

Sehr geehrter Herr Link

Wir nehmen Bezug auf die von Ihnen eingereichte Petition «Gemeinderatsentscheid vors Volk». Gerne nehmen wir wie folgt Stellung:

  1. Legalitätsprinzip

Im Abgaberecht ist der Gesetzmässigkeitsgrundsatz ein eigenständiges verfassungsmässiges Recht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts bedürfen öffentliche Abgaben grundsätzlich der Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn, d.h. in einem dem Referendum unterstehenden generell-abstrakten Erlass. Dieser Grundsatz findet auf alle öffentlichen Abgaben auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene Anwendung. Aus diesem folgt, dass Abgaben in rechtssatzmässiger Form festgelegt sein müssen, so dass den rechtsanwendenden Behörden kein übermässiger Spielraum verbleibt und die möglichen Abgabepflichten voraussehbar und rechtsgleich sind. Die grundlegenden Bestimmungen über den Kreis der Abgabepflichtigen (Abgabesubjekt), den Gegenstand (Abgabeobjekt) und die Bemessung der Abgabe (Bemessungsgrundlage und -tarif) sind daher durch den Gesetzgeber festzulegen. Sind diese Kriterien enthalten, kann die Kompetenz für die Festlegung der Höhe der Abgabe der vollziehenden Behörde übertragen werden.

  1. Reglement über die Benützung der öffentlichen Parkplätze vom 12. Dezember 1995

Am 12. Dezember 1995 genehmigte die Gemeindeversammlung der Stadt Solothurn das Reglement über die Benützung der öffentlichen Parkplätze. Die Genehmigung durch den Regierungsrat erfolgte am 16. April 1996 (RRB Nr. 831).

Unter dem Randtitel "Gebührenrahmen" regelt § 5, dass der Gemeinderat innerhalb eines definierten Rahmens die Gebühren für Kurz- und Langzeitparkplätze, für Parkkarten sowie für Tagesparkkarten festlegen kann. Der Gemeinderat hat von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht und die Tarife in § 8 der Ausführungsbestimmungen über das unbeschränkte Parkieren in der Blauen Zone (Anwohnerprivilegierung) festgelegt.

  1. Ausgangslage und Zielsetzung des Parkraumkonzepts P-23

Der Gemeinderat der Stadt Solothurn hat das Parkraumkonzept 2023 P-23 beschlossen. Es ersetzt das frühere Konzept P-06 und berücksichtigt einerseits das Räumliche Leitbild der Stadt Solothurn sowie den Rahmenplan Mobilität.

Das P-23 bezweckt als Instrument der Mobilitätspolitik eine einheitliche, gerechte und zukunftsorientierte Regelung der Parkraumbewirtschaftung im gesamten Stadtgebiet. Damit soll auf die zunehmende Parkplatzknappheit, den hohen Parkdruck in den Wohnquartieren sowie die steigenden Anforderungen an Umwelt-, Verkehrs- und Klimaziele reagiert werden.

  1. Öffentliche Mitwirkung

Vom 27. März bis 19. Mai 2023 fand eine öffentliche Mitwirkung statt, die via Online-Tool allen Interessierten die Möglichkeit bot, Rückmeldungen zu geben. Die Eingaben wurden eingehend geprüft und führten teilweise zu Anpassungen im Parkraumkonzept. So wurde beispielsweise aufgrund der Rückmeldungen aus der Mitwirkung der ursprünglich vorgesehene Jahrestarif gesenkt Auch die Parkgebühren für die erste Stunde für Kurzzeitparkplätze in der Innenstadt (Tarifzone I) wurde zuhanden des Gemeinderates gegenüber dem Mitwirkungsentwurf nach unten korrigiert. Diese Ergebnisse wurden dem Gemeinderat am 24. Oktober 2023 aufgezeigt (vgl. Protokoll GR vom 24. Oktober 2023, Geschäfts-Nr 78)

  1. Gemeinderatsbeschlüsse vom 24. Oktober 2023 und 20. Mai 2025

Am 24. Oktober 2023 beschloss der Gemeinderat mit grosser Mehrheit die Kenntnisnahme des Mitwirkungsberichts zum Parkraumkonzept 2023 (P-23) und erteilte die entsprechenden Aufträge zur Umsetzung des P-23. Gleichzeitig wurden die im P-23 vorgesehenen Umsetzungsfristen genehmigt.

Am 20. Mai 2025 diskutierte der Gemeinderat erneut eingehend hinsichtlich der finalen Umsetzung des Parkraumkonzepts. Während die Anpassungen der Ausführungsbestimmungen über das unbeschränkte Parkieren in der Blauen Zone (Anwohnerprivilegierung; Nr. 716.1) einstimmig genehmigt wurden, amtete er in anderen Bereichen als Korrektiv. Der Gemeinderat erteilte der Stadtpolizei den Vollzugsauftrag.

Rechtliches Fazit

Die Gemeindeversammlung hat im Jahr 1994 das Reglement über die Benützung der öffentlichen Parkplatze beschlossen und dem Gemeinderat die Kompetenz erteilt, die Gebühren innerhalb eines bestimmten Rahmens festzulegen. Die rechtliche Grundlage für die nun vorliegende Umsetzung wurde somit von den Stimmberechtigten geschaffen.

Das Parkraumkonzept P-23 ist ein strategisches Planungsinstrument und stellt keinen Rechtserlass dar. Es handelt sich um eine Vollzugs- und Steuerungsmassnahme innerhalb der Mobilitätspolitik der Stadt Solothurn, deren Zuständigkeit beim Gemeinderat als Exekutive liegt. Ein obligatorisches Mitspracherecht besteht bei solchen Akten nicht. Auch die Gemeindeordnung der Stadt Solothurn sieht für solche Vollzugsbeschlüsse keine Volksabstimmung vor. Die Tarifanpassungen oder Parkierungsregelungen aufgrund des bestehenden Reglements über die Benützung der öffentlichen Parkplätze sind zudem als reine Vollzugshandlungen zu qualifizieren und der Beschluss ist nicht referendumsfähig.

Das P-23 wurde in von März bis Mai 2023 öffentlich zur Mitwirkung aufgelegt und damit eine breite demokratische Partizipation der Bevölkerung ermöglicht. Die Rückmeldungen aus der Mitwirkung wurden vom Gemeinderat eingehend geprüft und Anpassungen vorgenommen. Damit wurde dem demokratischen Prinzip Genüge getan. Schliesslich würde eine Volksabstimmung über ein Konzept wie P-23 sodann auch die Gewaltenteilung zwischen Volk und Gemeinderat verwischen.

Es besteht somit keine rechtliche Veranlassung, das Umsetzungsverfahren zu sistieren und einen Volksentscheid abzuwarten.

Freundliche Grüsse

Stadt Solothurn, Stefanie Ingold Stadtpräsidentin